Liliana Ziegler ist zwanzig Jahre alt und gerade vor ihrer Familie geflohen. In dem Krimi “77 Tage” von Lucie Flebbe lebt sie seit einem halben Jahr mit dem Privatdetektiv Danner in Bochum zusammen, hat einen Arbeitsvertrag als seine Angestellte und seit neuestem auch wieder einen festen Wohnsitz. Sie fürchtet, dass ihr Vater, ein Oberstaatsanwalt, sie auch fern ihrer Heimat Hannover finden könnte:
Natürlich suchte er nach mir. Mein Kontaktabbruch unterstellte ihm, in einem für sein blank poliertes Oberstaatsanwalts-Image so wichtigen Bereich wie der Kindererziehung versagt zu haben. Dieser wortlose Vorwurf musste ihn kochen lassen vor Wut
Der Krimi “77 Tage” von Lucie Flebbe besteht aus der persönlichen Geschichte der Privatdetektivin Liliana Ziegler im Wechsel mit den anonymen Tagebucheinträgen von BELLAS BLOG. Dort beschreibt eine Frau um die dreißig sehr lesenswert und detailliert ihren Alltag. Ähnlich wie die Privatdetektivin leidet auch die Autorin des Blogs unter der schwierigen Beziehung zu einem Familienmitglied: der zu ihrem jähzornigen Mann:
Ärgern können ihn Kleinigkeiten. Zum Beispiel das Kabel des Staubsaugers. Das ich immer in der Steckdose lasse. Um mir das Einstecken am nächsten Tag zu sparen. Oder der Herd. Den ich nur sauber mache, wenn ich ihn benutzen will. Oder meine Schuhe. Die nach dem Ausziehen immer hintereinander stehen, statt nebeneinander. So was löst bei Mario eine Tollwutsymptomatik aus
Im Laufe des Krimis begegnen sich die beiden Frauen auch persönlich, zunächst allerdings ohne es zu wissen. Liliana und und ihr Partner Danner ermitteln bei einem ambulanten Pflegedienst, da dort in den letzten Jahren etwas mehr Pflegebedürftige verstorben sind, als sonst durchschnittlich üblich. Die Leitung des Pflegedienstes möchte sicher gehen, dass ein Verbrechen ausgeschlossen werden kann. Danner begleitet einige männlichen Pfleger und Liliana lernt mit den weiblichen deren häufig bedrückenden Alltag kennen. Intensiv setzt sie sich mit den Pflegerinnen und deren teilweise herausragendem Engagement in unterschiedlichen Facetten auseinander. Durch die Pflegekräfte lernt sie die “bloggergirls” kennen, die über unterschiedliche Themen im Internet schreiben und auch mit BELLAS BLOG vernetzt sind.
Im Laufe der Geschichte eskaliert die Gewalt immer mehr und es werden einige erschütternde Details sichtbar. Doch immerhin gelingt es manchen, die ewige Spirale zu durchbrechen. “77 Tage” ist ein psychologisch sehr vielschichtiger und lesenswerter Krimi.
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